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Neunte Etappe: Weihnachten im Wald

  • Tag 48-54
  • Etappe: 135km (sowie ca. 100km übersprungen)
  • Total: 1609km

Von Wanganui aus entschieden wir uns den Weg nach Palmerston North zu skippen: 100km – davon 8km am Strand und der Rest Straße. Das klang nicht gerade nach einem verlockenden Plan für die Weihnachtstage…

Dann hieß es nach den letzten Tagen im Kanu: Endlich wieder zu Fuß auf dem Te Araroa unterwegs!

Ein letztes Mal verbrachten wir den Abend mit unser Trailfamily Lukas, Stev, Morgan, Amelie, Dominique und André – die sechs planen zu Silvester in Wellington sein, während Jan und ich das eher vermeiden wollen.

Es ist schon erstaunlich, wie schnell immer wieder aus einem ebenen Stück Rasen ein Campingplatz wird.

Unser Zelt alleine im Kahuterawa Reserve

Unser Zelt alleine im Kahuterawa Reserve

Kahuterawa Reserve eine Stunde später

Kahuterawa Reserve eine Stunde später

Am nächsten Tag zogen wir mit unseren Weihnachtsmützen im Regen los. Das war nicht das Wetter, das wir uns auf der Südhalbkugel zu Weihnachten wünschten… Hm, diese Gedanken musste irgendwer im Himmel gehört haben, denn wenig später begann es zu hageln!

Auf dem Mangahao-Makahika Track schlugen wir unser Zelt für die Nacht auf.

Eigentlich ein super Spot: flach und von den Bäumen vor Regen und Tau geschützt. Nachts begann es jedoch so sehr zu stürmen, dass ich Angst hatte ein Ast könnte abbrechen und auf uns bzw. unser Zelt fallen… Es half nichts: Da ich noch etwas Schlaf bekommen wollte, musste ich raus aus dem Zelt und mich mit der Taschenlampe davon überzeugen, dass kein altersschwacher Ast über unserem Zelt hing… Es ist nicht leicht mit dem optimalen Campingspot: Auf einer Wiese hat man am Morgen ein nasses Zelt von der Kondensation; unter Bäumen behält man ein trockenes Zelt, muss aber befürchten, dass von oben etwas runterfällt…

Am nächsten Tag kreuzten sich der Waldweg und der Fluss mindestens 17 Mal, wovon auch wir 17 Flussüberquerungen durchführen durften. Nasse Füße sind auf dem Trail im Grunde der Normalzustand. Ärgerlich war nur, dass der Wald so matschig war, dass es ein konstantes Wechselspiel aus dreckig, sauber, dreckig, sauber, … war. Und während nasse Schuhe uns nicht mehr stören, sind matschige Schuhe immer noch doof.

Am frühen Nachmittag kamen wir beim Makahika Outdoor Pursuits Center an, wo unter der Woche vor allem Leadership-Trainings stattfinden. Die Betreiber lassen TA-Hiker dort umsonst schlafen und haben zudem zu Weihnachten explizit dazu aufgerufen vorbeizuschauen. Glücklicherweise passte das genau in unseren Zeitplan, sodass wir dieses Angebot natürlich annahmen! Eine heiße Dusche und ein Bett zu Weihnachten – was wünscht man sich mehr?

Makahika Outdoor Pursuits Center

Makahika Outdoor Pursuits Center

Außer uns waren noch 14 andere Wanderer dort. Überraschenderweise waren das alles neue Gesichter für uns! Die Gastgeberin Sally versprach für den Folgetag, dem 25. Dezember, ein großes Weihnachtsessen. Und Essen lässt sich eigentlich kein Wanderer entgehen. Vor allem, wenn es sich nicht um dehydrierte Ultraleicht-Nahrung handelt.

Aber irgendwie war uns nicht danach einen weiteren Tag Pause einzulegen und dann mit einer riesigen Gruppe in die nächste mehrtägige Etappe, den Tararua Ranges, zu starten. Zumal man in dem Gebirgszug aufgrund des unberechenbaren Wetters nur in Hütten schlafen kann und die Plätze begrenzt sind. Hey, ist doch nur Essen! ? Das ist ehrlich gesagt eine riesen Entbehrung für uns, denn wir haben immer Hunger! Sättigungsgefühl kennen wir kaum. Wir können immer essen und müssen uns zwingen aufzuhören, damit die geplanten Tagesrationen ausreichen.

Nach einem immerhin fantastischen gemeinsamen Frühstück brachen wir im Regen auf in den moosbewachsenen und bei Nebel sehr märchenhaft-mystischen Tararua Nationalpark.

Jan am Anfang und am Ende des Aufstiegs

Jan am Anfang und am Ende des Aufstiegs

Unser Plan ging gut auf, denn die Te Matawai Hütte hatten wir am Ende des Tages fast für uns alleine. Nur Dominique war auch da, die bei dem Regen einen kurzen Tag eingelegt hatte.

Te Matawai Hut

Te Matawai Hut

Erfolgloser Versuch Feuer zu machen…

Erfolgloser Versuch Feuer zu machen…

Und am nächsten Tag schien traumhaft die Sonne. Zum Glück! Denn der Weg ging immer wieder auf dem Kamm des Gebirgszugs entlang unterbrochen von moosbewachsenem Märchenwald. Sehr anstrengend, aber mega schön. Und nichts für schlechtes Wetter.

Blick zurück auf die Te Matawai Hut

Blick zurück auf die Te Matawai Hut

Pause an der kleinen Dracophyllum Hut (2 Betten)

Pause an der kleinen Dracophyllum Hut (2 Betten)

Endlich unser Ziel in Sicht!

Endlich unser Ziel in Sicht!

Am Ende kamen wir in der süßen Nichols Hütte an, die mit sechs “Betten” ausgestattet ist und in der wir es uns mit Dominique und Angelynn gemütlich machten. Da wir am Vortag den Ofen nicht zum Laufen bekommen hatten, brachte uns Angelynn bei, wie man richtig Feuer macht. Yeah, so langsam häufen sich unsere erworbenen Outdoor-Skills!

Nichols Hut

Nichols Hut

Eine kleine Randnotiz an meine Camino-Freunde: Angelynn hat einen Wanderführer über den französischen Camino von Le-Puy-en-Velay nach St. Jean-Pied-de-Port geschrieben. Falls euch nochmal das Caminofieber packt: Vielleicht ist ja der Wanderführer was für euch (allerdings auf englisch).

Die Wettervorhersage für den nächsten Tag sah gar nicht gut aus: Regen, der im Laufe des Tages immer stärker werden sollte, noch dazu Wind bis zu 60km/h – von der Sicht ganz zu schweigen. Ein Wetter, bei dem einem dazu geraten wird, in der Hütte zu bleiben.

Als wir am nächsten Morgen aufwachten, war es zwar nieselig, aber mehr nicht. Also wanderten wir los – und bereuten dies sehr schnell. Unsere Hütte lag windgeschützt und sobald wir auf den Kamm traten, blies uns heftiger Wind den Regen um die Ohren. Ohne unsere Wanderstöcke hätten wir dem Wind nicht standhalten können.

Ich konnte förmlich hören wie Jan, der hinter mir ging, kontinuierlich im Kopf fluchte: „Das war keine gute Idee, das war die falsche Entscheidung, wir hätten in der Hütte bleiben sollen…“ Irgendwie haben wir es überlebt und blieben als Belohnung nach nur 8km wandern (in immerhin 4 Stunden) in der nächsten Hütte, der Waitewaewae Hut. Den Nachmittag verbrachten wir mit lesen, schlafen, Hörbuch hören – der erste wirkliche Erholungstag seit wir unterwegs sind! Sonst gab es immer etwas zu kaufen, zu erledigen, zu tun…

Waitewaewae Hut

Waitewaewae Hut

Einen langen Tag später sind wir in Waikanae angekommen, wo wir in einer ehemaligen Kapelle schlafen.

Von hier sind es nur noch 93km bis zum südlichen Endpunkt der Nordinsel! Der Countdown läuft!